Michael Collins

Michael Collins. Ende einer Karriere vor 90 Jahren.

Tote schlafen fest und lassen sich deshalb von den Lebenden für allerlei ge- und missbrauchen. Gestern vor 90 Jahren endete in Béal na mBláth, einem kleinen Weiler in West Cork, eine viel versprechende Karriere: Der irische Freiheitskämpfer und Politiker Michael Collins (Foto) wurde  Opfer eines Hinterhalts und starb in einem halbstündigen Feuergefecht. Der IRB-, IRA- und Sinn Fein-Aktivist, der Mitverantwortliche für das Anglo-Irish Treaty, der Oberbefehlshaber der Streitkräfte des Free State, der Mann auf dem Weg zu einer Diktatoren-ähnlichen Position —  er wurde mit 31 Jahren aus dem Leben geschossen und dient seitdem als Ikone, als Idol, als gefallener Held — und seinen Gegnern als Hassfigur.  Manche meinen lapidar, dass sich der große irische Führer Míchael Collins — dem sie einige Unzulänglichkeiten attestieren – in Friedenszeiten nie bewähren musste. Glück im großen Unglück eben.

Zum 90. Todestag Collins´ sprach am Sonntag erstmals ein  Regierungschef der irischen Republik am Collins-Denkmal in Béal na mBláth. Taoiseach Enda Kenny nutzte die Gelegenheit, die ersten Festtags-Glocken für das 1913 anhebende Jahrzehnt der Erinnerung zur Würdigung des irischen Befreiungskampfes vor dann 100 Jahren zu läuten — und sich selber rechtzeitig auf den Denkmalssockel zu stellen — direkt neben den großen Michael Collins. Was hätte Collins in der heutigen Krise Irlands wohl gemacht? fragte Kenny, nur um seine Politik und die seiner Regierung ins beste Licht zu rücken.

Klar, Collins wäre heute Europäer, natürlich, Collins hätte getan, was die Regierung heute in nimmermüder Arbeit tut: Die Unabhängigkeit Irlands wieder herstellen. Denn Kenny ist eigentlich der Collins der Gegenwart. Ja hat´s denn keiner gemerkt? Der tut nur so, als wäre er der Pudel der Troika, als würde er den Merkels, Draghis und Lagardes aus der Hand fressen. Das wirkt nur so, als würde er den erneuten Verlust der Souveränität Irlands mit seinem artigen Gehorsam gegenüber EU, ECB und IWF auf Jahrzehnte hinaus festschreiben. In Wahrheit ist Enda ein Kämpfer für die Freiheit und für sein Volk. Ein Held im Wartestand.

Nein Enda Collins, äh Kenny, der Ministerpräsident des besten kleinen Landes der Erde, steht in Wahrheit – ganz wie einst Michael Collins – auf der Seite der einfachen Leute von Irland. Nur deshalb verriet er den Journalisten nach seiner Festrede in Béal na mBláth auch gleich noch, dass den Irinnen und Iren im kommenden Jahr das härteste Staatsbudget seit Beginn der tiefen Wirtschafs- und Finanzkrise und nach fünf Jahren Sparkurs blühen wird: Noch mehr Steuern und Gebühren, noch weniger staatliche Hilfen, noch weniger Sozialstaat und Gesundheitswesen, weniger Schulen, weniger Infrastruktur und, und und.

Vielleicht strebt die Regierung ja an, dass Irland zum 100-jährigen wieder aussieht wie einst im Jahr 1916, oder 1922? “Give us the future … Give us back our country … to live in, to grow in, to love.” Wer sagte das? Richtig. Enda Collins.

Hier gibt es die Rede von Enda Kenny, Taoiseach, im Wortlaut.