Wo ist eigentlich der Schönheitssalon im Dorf geblieben? Wo der kleine Fach-Buchladen in der Stadt? Wo der zweite Bioladen? Wo der Kajak-Verleiher? Was ist mit unserem Lieblings-Sportgeschäft in Cork passiert und was mit dem Shop für Freizeit-Bekleidung? Wir stehen vor verschlossenen Türen, blicken in ausgeräumte leere Ladenschluchten. So sieht die Rezession aus.
Noch bevor die beiden pompösen neuen Shopping Malls auf Corks Einkaufsmeile Patrick Street die Tore öffnen, hat in den etablierten Einkaufszentren ein massives Ladensterben eingesetzt. Die fortgeschriebene Zahl der ausgeräumten und nun leer stehenden Shops in Irlands zweitgrößter Stadt könnte möglicherweise gut als Fieberkurve der an eine Depression reichenden Rezession im Land dienen. Auch der Wirtschaftsunkundige versteht auf einen Blick: Rezession ist, wenn das Angebot schrumpft, wenn Waren und Services quantitativ sichtbar abnehmen.
Das Angebot schrumpft, weil die Nachfrage zurück gegangen ist: zuerst nach Häusern, dann nach Sofas und Gardinen, schließlich nach Autos, Kleidung, ja sogar Lebensmitteln. Im County Cork, der größten Grafschaft Irlands, leben derzeit etwa 480.000 Menschen. Im Monat Mai reihten sich in Cork 40.000 Leute in die Schlangen der Arbeitslosen ein – doppelt so viele wie vor einem Jahr, und 1640 mehr als im April. Das Boulevard-Blatt Evening Echo schrieb anschaulich, mit den Arbeitslosen von Cork könnte man problemlos das große Football-Stadion der Stadt füllen.
An diesen 40.000 Arbeitslosen hängen materiell zu versorgende Familien, Kinder, Partner, sodass weit mehr als 100.000 Menschen von der Flaute im privaten Budget betroffen sind. Diese Menschen gehen, da es für sie derzeit auch keine billigen Kredite gibt, nur sehr verhalten zum Einkaufen; und viele, die es nicht getroffen hat, sind vorsichtig geworden und praktizieren freiwilligen Konsumverzicht.

Unsere Freundin S. ist überzeugt davon, dass die meisten Europäer nicht am Mangel, sondern am Überfluss leiden: dicke Ansprüche, dicke Rechnungen, dicke Menschen. Sie begreift die Rezession als gemeinschaftliche Heilfastenkur. Ich wäre einverstanden – wenn man sich auf die Kurärzte in der Politik verlassen könnte. Die praktizierenden Chefärzte aber wirken gerade hier auf der Insel heillos inkompetent – volle Taschen, dicke Backen, wenig Sinn für das Gemeinwohl. Vertrauen will da keines aufkommen.