Auswandern, Ortswechsel, Neubeginn: Warum zieht es Deutsche (auch Schweizer und Österreicher) ausgerechnet nach Irland? Wie leben sie dort? Wurden ihre Erwartungen erfüllt, was gefällt ihnen, womit haben sie Probleme? Wir stellen Menschen vor, die den Sprung gewagt haben und auf der Insel leben.
 
Madeleine und ihr Zirkus-Hund “Juni”



Madeleine Calaido Weber lebt seit sieben Jahren in Cahersiveen, County Kerry. Madeleine ist gelernte Grafik-Designerin und mehrfach ausgezeichnete Natur-Fotografin und arbeitet als Freelancer auf der Insel.

Madeleine, warum lebst Du in Irland? Was hat Dich hierher geführt?
Der Regen ( :
Meine Fotografie-Design-Diplomarbeit hatte zum Ziel, die Schönheit von Regen zu manifestieren und die menschlichen Gefühle und Beziehung zu Wasser zu dokumentieren. Irland lag klar auf der Hand. Ich reiste 5 Wochen durch Irland, und Kerry hielt mich in Atem – ebenfalls die 4 Wochen anhaltene Hitze-Periode.


Ist Dein Aufenthalt zeitlich begrenzt?
Nein.


Eine kleine Auswahl von Madeleines Fotografien:

 
Haben sich die Erwartungen an das neue Leben erfüllt? Wie gefällt es Dir heute?
Ich war in tiefer Sehnsucht nach einem Leben mit und in der Natur. Ich brauche sie – sie ist das schönste Wesen, um das ich weiß.
Blick auf Cahersiveen von Valentia aus.  Photo: Madeleine Weber

Wie lebt es sich als Deutsche auf der Insel? Wie kommt Du mit der irischen Mentalität und mit den Menschen zurecht?

Nun, die Wertigkeit von Zeit und das Bedürfnis nach “Präzision” mußte ich anpassen. Ansonsten liebe ich den irischen Humor, die Neugier und die “Das-wird-schon” Gelassenheit vor Ort. Wann immer ich in Berlin bin, vermisse ich den Zeigefinger-Faher-Gruß oder das genuschelte “How are you” des Vorbeigehenden und gebe nach dem zehnten nicht erwiderten Gruß hoffnungslos auf. Aber dieses ist sicherlich ein Phänomen von Kerry und den irischen Dorfgemeinschaften – ich mag es sehr.
Ich halte mich von politischen Vergangenheitsdiskussionen fern und habe bereits 130 mal die Geschichte des Mauerfalls erzählt (erzählen müssen) und weiß um jeden Deutschen in der Blutlinie meiner Kleinstadt (unfreiwillig). Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Iren sehr sympatisch finde. Am meisten mag ich jedoch die uralten Knollnasen-Iren, die noch all die mystischen Geschichten kennen. Keiner kann so erzählen wie sie und keiner ist mehr so verbunden mit dem Naturgeist wie diese.

 

Hast Du irische Freunde, einen Freundeskreis, gute Bekannte?
Weniger. Ich finde es schwierig, mich mit Gleichaltrigen hier vor Ort zu verbinden. Mein Freundeskreis besteht hauptsächlich aus anderen Einwanderern anderer Nationalität. Ich stehe allerdings in freundlicher Verbindung mit meiner Stadt und war immer willkommen vom ersten Tag an. Die tiefsten Beziehungen habe ich zu anderen Künstlern vor Ort, weil uns das Gleiche anzog oder hierher verschlagen hat.
 
Was magst Du besonders an Irland?
Das Wetter (ja wirklich) und das Meisterstück Natur.
Irischen Humor und Gelassenheit.
 
Es lebe die Bauernschlauheit.
 
 
 

Was magst Du nicht an Irland?

 

Die irische Küche.

 

Die Alkoholobsession und den Inselzuschlag auf alles.

 
 
  

Was aus der „alten“ Heimat vermisst Du hier?

 

Nichts!

 
 

Hat sich Dein Blick auf Irland in der Zeit, in der Du hier lebst, stark verändert? 

 

Ja. Ich bin als Tourist hier gelandet, mit Geld und Sicherheit im Gepäck, einem immer vollgetankten brandneuen Mietwagen und dem Luxus, alle Aufmerksamkeit der Schönheit der Inselnatur zu widmen. Es ist eine ganz andere Geschichte, wenn man auf die Insel zieht und überleben muss. Arbeiten 7 Tage die Woche, den Strand vor der Tür und keine Zeit, die wahre Attraktion von Irland zu genießen. 


Let’s face it – es ist Luxus, den alten Kelten nachzujagen, an Klippen den Sonnenuntergang zu genießen und sich abends im Pub unters Volk zu schmeißen. Das Essen und die Miete müssen genauso bezahlt werden wie in Deutschland. Obwohl ich die Iren als sehr freundlich und offen gegenüber Ausländern empfinde, werden sie doch für einen Flyer lieber den vierzigsten Cousin mit der selbstständigen Agentur fragen als einen Zuwanderer. 

Madeleine bei der Arbeit 

 

Wie konntest Du Dich beruflich integrieren und behaupten?

Ich wurde ein Jahr lang beobachtet und meine Arbeitsqualität wurde getestet. Als ich den Test bestand, wurde ich wahrhaft mit offenen Armen empfangen und habe das Glück, viele Aufträge zu erhalten, basierend auf meinen etablierten sehr guten Ruf und der Kundenzufriedenheit, die sich schnell herumspricht. Als ich 2005 mit meiner Fotografie “peace” den renommierten AIB Bank Calender Contest gewann, half dies ebenfalls, Integrität zu finden. 

“Peace” – Killarney Lakes mit Ruderboot. Photo: Madeleine Weber
 
 Mein XXL Panorama Kalender für 2010 “Die Grüne Küste Irlands” war in wenigen Tagen ausverkauft. Es besteht eine große Nachfrage und Sehnsucht nach Magie – und die irische Natur ist deren Verkörperung. Mein Photoblog ist sehr gut besucht und ich bekomme Druckanfrangen und berührende Nachrichten aus der ganzen Welt. Ich gebe auch Einzelunterricht für Amateure und Semi-Professional Fotografen, die ihre eigenen Fotokünste verbessern wollen.

Old Barracks Cahersiveen mit Sonnenaufgang.  Photo: Madeleine Weber
 
Was gefällt Dir an Deiner Arbeit am meisten?
 

Ich habe das Glück, dass Naturfotografie ein Teil meines Jobs ist. Mittlerweile kann ich es gut ausbalancieren und bin jeden Tag im irischen Busch unterwegs – ein Segen, so wie ich das betrachte. Man sieht mich selten in der Stadt, man findet mich auf Bergen, an den Klippen und im Wald – Tag und Nacht – mit der freudigen Beschäftigung Irlands Magie zu erkennen, einzufangen und zu teilen.

 

 

Würdest Du den Schritt noch einmal tun?
 

Immer wieder.



Madeleine publiziert den Photo-Blog  www.calaido.blogspot.com 
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