Rinder in Irland

Der Vergleich Ire-Kuh: Eine Beleidigung der tierischen Intelligenz?

Schlechte Nachrichten aus Irland? Ist die irische Gesellschaft zumindest so schlau wie eine Kuh? Die Kuh, so provoziert Leitartikler Fintan O`Toole in der Irish Times, lernt unter Schmerzen, den Elektrozaun zu meiden. Aber haben Mary und Paddy etwas aus dem desaströsen Niedergang des Keltischen Tigers gelernt? O`Toole fürchtet: Nein, sie werden die Fehler glatt wieder machen — getrieben von materiellem Wohlstandswunsch und Gier.

Ist es also schon wieder so weit? Steht der zerstörerische Kelten-Tiger 2.0 tatsächlich vor der Tür? Einige Anzeichen deuten darauf hin. Der Immobilien-Poker ist schon wieder in vollem Gange, die Hauspreis-Spirale surrt, es ist wieder von Steuersparmodellen die Rede, aus vielen Ecken ertönt Hurra-Geschrei — und O`Toole sieht die Irische Gesellschaft bereits erneut im “Selbstbeweiräucherungs-Modus”: Alles gut, alles richtig gemacht, alle Zeichen wieder auf Wachstum, Hausbau, Wohlstand. Keine Qualität, nirgends. Vergessen der finanzielle und wirtschaftliche Zusammenbruch,  das Platzen der Immobilienblase. Verdrängt der kollektive Rausch, auf geht´s in den neuen Taumel.

Dabei sind die Voraussetzungen für eine dauerhafte wirtschaftliche und gesellschaftliche Erholung angesichts massiver öffentlicher und privater Verschuldung gar nicht gegeben. Aber das tut nun nichts zur Sache, grenzt wahrscheinlich bald schon wieder an den Tatbestand der Nestbeschmutzung.

Fintan O´Toole sieht trotz einiger Verbesserungen vier Gründe, warum Irland demnächst schon in den nächsten gier-getriebenen Immobilien- und Konsumrausch stolpern dürfte — und er vergleicht das Verhalten seiner Landleute mit Bulimie-Kranken:

“So the chances are that we could very well do it all again. The fatal combination of impunity for shysters, malfunctioning democracy, closed inner circles of lavishly paid “experts” and a very narrow sense of what real national prosperity looks like is still in place.

If anything, having survived an existential crisis for the State, it is even stronger. The system is now in self-congratulatory mode, more convinced than ever of its righteousness. Who needs reforms now that happy days are here again? Yet, without them, unhappy days will return too, in endless cycles of national bulimia – binge and purge, binge and purge.*”

Sind wir wirklich schon im nächsten Zyklus von Heißhunger und Kotzen, röhrt der ordinäre Celtic Tiger tatsächlich erneut?  Die hohe Anfälligkeit Irlands für ungesühnte Wirtschaftskriminalität, das schlecht funktionierende demokratische System, die unkontrollierte Herrschaft der hochbezahlten Gutachter- und Expertenkaste und ein kranker Wohlstands- und Wohlseins-Begriff, der sich ausschließlich an Land- und Immobilienbesitz misst: Dies könnten die Gründe dafür sein, dass sich Irland bereits in den nächsten bulimischen Zyklus aufgemacht hat und dem nächsten Heißhunger abermals das große nationale Erbrechen folgen wird.  Slaínte!

Den kompletten Text von Fintan O´Toole gibt es hier.

Foto: Kühe am Cods Head. © Markus Bäuchle / Wanderlust