Bäume Irland

Bäume in Irland. Eine Tragödie.

Irland und seine Bäume: Eine Tragödie. In den vergangenen 24 Monaten sind im baumarmen Irland schätzungsweise so viele Bäume zerstört worden wie von den zehn brachialen Stürmen des Winters 2013/14 davor. Die Winter-Orkane vor zweieinhalb Jahren, so war zu lesen, entwurzelten bis zu eine Million Bäume. Dann aber kam der Mensch gründlich hinterher. Wohin man blickte: Das große Baumsterben ging mithilfe von Kettensägen, Baggern und Traktoren einfach weiter. Alleine entlang der Straßen im äußersten Westen von West Cork sind in jüngster Zeit hunderte, wenn nicht tausende Bäume gefällt worden. Oft erkennt man das Fehlen der Eschen, Weiden und Ahorns, der Kiefern, Birken und Erlen, weil sie bequemlichkeitshalber auf einer Höhe von einem oder anderthalb Metern umgesägt wurden.

Was ist hier los auf der vermeintlich grünen Insel? Wir sind auf Spurensuche gegangen und fanden diese Ursachen für das große Baumsterben: Angst, Nichtwissenwollen und ein versagender Staat. Dass Bäume und Wälder für das ökologische Gleichgewicht, für die Artenvielfalt und für die Gesundheit von Mensch und Tier wichtig sind — völlig egal. Der Reihe nach:

Buche:: Vor der Wirtschaftskrise, als die Staatskassen noch besser gefüllt waren, pflegten die Lokalverwaltungen die Straßen und Sträßchen im Land — auch die Straßenränder.  Hier und dort wurden die öffentlichen Arbeitstrupps für die brachiale Zerstörung der ökologisch wertvollen Hecken entlang der Straßen kritisiert. Dann mussten die Banken mit öffentlichem Geld gerettet werden und die County Councils gingen pleite. Sie zogen sich aus vielen Aufgaben zurück, unterließen unter anderem den Landbesitzern die Aufgabe, die Vegetation entlang der Verkehrswege unter Kontrolle zu halten. Die große Wirtschaftskrise soll ja vorbei sein, die Councils aber beschränken sich weiter auf das Versenden von Warnhinweisen: Die Bäume entlang der Straßen spielen darin meist die Rolle der Gefahrenquelle.

:: Aus Angst vor Strafen und davor, von einem eventuell geschädigten Verkehrsteilnehmer auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Co. verklagt zu werden, machen viele Landeigentümer ganze Arbeit und “befreien” ihre Grundstücke von Bäumen. Ein radikaler Eingriff hält zudem Jahre länger und erübrigt die regelmäßige Pflege.

:: Die Änderung der Förderrichtlinien für Farmer hat katastrophale Auswirkungen: Neuerdings erhalten die Bauern für ihre mit Bäumen bewachsene Flächen keine staatliche Förderung mehr. Um die Subventionen aus Dublin und Brüssel nicht zu gefährden, räumen die Bauern seit Monaten ihre Felder leer und reduzieren den Baumbestand im Namen der Farm Payments drastisch. Die Farmer im Land und eine fehl geleitete Agrar-Politik behaupten Hand in Hand ihre Spitzenstellung im Kampf gegen Natur und Umwelt.

:: Es wird gerne behauptet, die bösen Engländer seien verantwortlich für den weitgehend kahlen Zustand der Insel, für das großflächige Abholzen, Roden und Zerstören von Wäldern und Bäumen. Irlandfreunde kennen das Bild der baumfreundlichen Kelten, des in den Wipfeln ausladender Eichen vorsichtig Mistelzweige schneidenden Druiden. Wahr ist, wie der Privat-Gelehrte Nigel Everett in seiner Geschichte der Wälder Irlands detailversessen nachweist: Die Iren, die sich in der Tradition der Kelten sehen, waren schon im Mittelalter und vor der Zeit der systematischen Besiedlung Irlands mit Engländern und Schotten keine Freunde des Waldes und der Bäume: Sie standen für das Roden und nicht für das Bewahren. Die Landschaft wurde seit Jahrhunderten frei geräumt für Schafe, Rinder und Menschen — und das zieht sich bis in de jüngste Vergangenheit: Ein Gutteil der verbliebenen atlantischen Eichenwälder wurde im jungen Staat von der irischen Forstbehörde zerstört: Heimische Laub- und Mischwälder mussten schnell wachsenden Holzplantagen und Monokulturen weichen, die sich innerhalb einer halben Menschengeneration zu Geld machen lassen.

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:: Der wichtigste Grund für das kühle Verhältnis von Mensch und Baum auf der Insel ist ein kollektives Unbehagen. Viele Irinnen und Iren erleben den Wald als feindlich, unheimlich und bedrohlich. Der Wald ist bis heute Teil der feindlichen Natur, nicht Inhalt eines Generationenvertrags wie in Deutschland und schon gar nicht romantischer Seelenraum oder Gegenwelt zum Moloch Zivilisation. Die Einschätzung einer erfahrenen Umweltschützerin und Ökologin, die schon viele Schlachten für die Bäume Irlands geschlagen hat, passt in dieses Bild. Sie sagt: “Der größte Feind der Bäume in Irland sind die Farmer, die die Bäume nicht mögen. Irische Bauern haben keine Wertschätzung für Bäume.”  So sind die Landmänner und Landfrauen, denen man gerne eine Nähe zur Natur nachsagt und die als Hüter der Landes und der Landschaft verklärt werden, heute die wahren Zerstörer.

 

PS: Stichwort Kluges Regieren. Der Mann im Video ist Danny Healy Rae. Er sitzt für Kerry im neu gewählten irischen Parlament in Dublin. Danny ist überzeugter Lobbyist für Alkohol am Steuer und lautstarker Vertreter der Klimalüge. Für ihn steht fest: Gott macht unser Wetter — niemand sonst . . .