Full Irish Breakfast

Irische Sitten: Irische Höflichkeit kann ganz schön anstrengend sein: Sie laden Anne, John, Patrick oder Siobhan zu einer Tasse Tee, einem Stück Kuchen oder einem Snack ein, und sie lehnt dankend ab, er behauptet, er habe gerade schon gehabt. Nur die Augen verraten vielleicht, dass man als Uneingeweihter noch einmal nachfragen sollte: Wirklich nicht? Nein wirklich nicht, oder allenfalls und nur ganz vielleicht, wenn Du auch eine Tasse mittrinkst. . .

Das irische Bescheidenheits-Ritual  kann leicht vier oder fünf Runden dauern, bis man sich endlich zur Tasse Tee und zum Stück Kuchen zusammensetzt. Es heißt, diese äußerst defensive Höflichkeit stammt aus der Zeit, als die Not in Irland groß war, als es nicht genug zu essen gab, und keiner die Gastfreundschaft der Freunde, Nachbarn und Verwandten ausnutzen wollte. So lernte man, dreimal öfter nein zu sagen, obwohl der Magen eigentlich leer war und die Augen ein Ja signalisierten.

Doch die Zeiten ändern sich. Vor einigen Tagen war unsere irische Bekannte Kate zu Besuch. Kate ist, was man hier straight forward nennt: Sie hält mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg, geht geradeaus durch den heißen Brei und kennt kein lauwarmes Durch-die-Blume-Gesäusel. Als ich Kate zum dritten Mal frage, ob sie nicht vielleicht doch noch einen kleinen Nachschlag haben möchte, bricht es aus ihr heraus: “Fängst Du jetzt auch schon mit dieser alten irischen Masche an? Ich bin wirklich, wirklich satt!”

PS: Das Bemühen, unseren eigenen Kindern Höflichkeit und Bescheidenheit beizubringen, scheiterte schon früh. In der Metzgerei antwortete unser damals Vierjähriger, der gerade einen Zipfel Wurst geschenkt bekommen hatte, auf meine bekloppte Aufforderung “Wie sagt man?” völlig unbefangen mit ausgestreckter Hand und den Worten: “Noch eins!