Leichte Entwarnung aus den Midlands und dem Westen. Die Pegelstände sinken dort langsam. In den Medien Irlands melden sich nun zunehmend die Zornigen, die Depremierten, die Hoffnungslosen zu Wort, die ihre Häuser, ihre Wohnungseinrichtungen, ihre Geschäfte, ihre Autos oder ihre Ställe im Hochwasser verloren haben. Zehntausende Menschen in Irland sind direkt von der Flut betroffen und zu Schaden gekommen.

Auch einige tausend Kilometer weiter südlich, steht gerade wieder eine ganze Stadt unter Wasser: Venedig ist nach schwerem Regen völlig überschwemmt, auf dem Markusplatz steht das Wasser einen halben Meter hoch. Soweit zu den Gemeinsamkeiten. Der Unterschied ist frappierend: Irland wie Venedig haben seit Jahrhunderten traditionell – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – mit enormen Wassermassen, mit Fluten und Überschwemmungen umzugehen. Der Unterschied: In Venedig wissen die Behörden und die Bewohner ganz genau, was im Fall eines Hochwassers zu tun ist, um die Schäden gering zu halten und Leben zu schützen. Es ist Business as ususal.
In Irland weiß man es nicht. Zumindest Politik und Behörden tun so, als handle es sich bei der aktuellen Flut um ein unabwendbares Jahrtausendereignis, auf dessen Verlauf niemand einen Einfluss hatte. Fakt ist: Den Regen kann man nicht abstellen, aber: Irland hat sich nie auf diese Flut vorbereitet, hat nicht die nötigen Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen getroffen, die aufgrund des vorhandenen Wissens möglich gewesen wären. Das Geld war vorhanden, das Expertenwissen auch, allein der politische Wille fehlte. Das rächt sich nun bitter.
Einmal mehr herrscht der Eindruck vor: Das Land wird schlecht regiert und schlecht verwaltet. Die Dummen sind die Bürger, die aus ihren Häusern evakuiert wurden, die ihr Hab und Gut verloren haben, die ihr Vieh nicht mehr versorgen können. Die nun dringend auf Hilfe angewiesen sind.
Die Party ist endgültig vorbei. Erst ging das Geld aus, jetzt wird der Ballsaal geflutet. Es ist Zeit für einen Neubeginn.