Kein Karneval. Nirgends. Im katholischen Irland liefert sich der gute Christ heute der Fastenzeit aus, ohne zuvor noch einmal richtig auf die Pauke gehauen zu haben. Karneval, Fasching, Fasnacht. Fehlanzeige. Allenfalls am Shrove Tuesday (shrove, von shrive = beichten), auch bekannt als Fat Tuesday oder Pancake Tuesday kommt ein wenig Stimmung auf, wenn die irischen Kinder traditionell zum Pfannkuchen-Wettessen antreten. Und spitze Zungen behaupten, hier auf der Insel habe man als Narr das ganze Jahr über Saison . . .

Es ist also geschafft. Auch in Deutschland und in anderen Hochburgen der Narretei. Der inszenierte Frohsinn und der spaß-bewehrte Militarismus im Saal hat wieder mal ein Ende. Besonders politisch ging es in diesem Jahr auf den Straßen zu, besonders nachdenklich in der Bütt. Heute aber ist Aschermittwoch. Nur in Basel und auf den Bauern-Dörfern des Schwarzwalds gibt es am Wochenende noch einmal Nachschub für die Narren.

Im immer noch recht katholischen Irland sind die Kirchen heute gut gefüllt, denn es gibt wieder Asche auf die Stirn. Die Pfarrer (und die Lehrer in den Schulen) segnen ihre Schäfchen mit den Überresten verbrannter Palmblätter und zeichnen ihnen ein schwarzes Kreuz auf die Stirn.  Was das bedeutet, erklärte uns Nicht-Mitgliedern des Clubs ein befreundeter Messdiener:

“Die Asche gilt als Zeichen der Vergänglichkeit: Der Mensch ist aus Staub geworden und er wird wieder zu Staub werden. Zum Zeichen der Demut, der Trauer und der Reue wird der Gläubige deshalb zu Beginn der 40tägigen Fastenzeit (die eigentlich 46 Tage dauert, aber am Sonntag muss sich der Katholik auch mal was gönnen dürfen) mit dem Aschekreuz gezeichnet. Wir sagen zum Beispiel “Asche auf mein Haupt”, wenn wir einen Fehler zugeben oder Reue zeigen.”

 

Und worauf verzichtest Du?

Ash Wednesday. Heute also beginnt die Fastenzeit, in englisch Lent – was ursprünglich “lang” und “Frühjahr” bedeutete, also die Zeit, wenn die Tage länger werden. In vielen irischen Schulen verpflichten sich die Kinder und Jugendlichen heute zum Fasten. Dabei wird der Fasten-Begriff durchaus modern interpretiert: Die Menschen hier verzichten bis Kar-Samstag auf etwas, was sie im Übermaß genossen haben. Manche leiten deshalb am Aschermittwoch ein Fernseh-Lent ein, andere ein Smartphone-Lent oder einen Vetzicht auf Facebook, und ganz Radikale verordnen sich ein 40tägiges Medien-Fasten ohne Smartphone, Spielkonsole, Fernsehen und Netflix. Wieder andere versuchen, sechs Wochen lang einen weiten Bogen um Süßigkeiten, oder klassisch um Fleisch (Carnevale heißt bekanntlich “Tschüss Fleisch”!) oder um Alkohol zu machen.

Die Schulmedizin verbreitet seit kurzem mit Verve und dem Etikett wissenschaftlich erwiesen eine Weisheit, die in der Naturheilkunde seit Jahrzehnten etabliert ist: Fasten ist gesund. Ob zwei Wochen am Stück (14), ob regelmäßig ein Tag in der Woche (1:6) oder ob jeden Tag stundenweise (16:8, bedeutet: nur an acht Stunden am Tag essen, 16 Stunden, inklusive Nachtruhe, nichts essen): Der Körper dankt es, denn die nahrungs-freie Zeit nutzt er zur Regeneration und Erneuerung. Der Blutzucker pendelt sich ein, der Blutdruck sinkt, die Zellen reparieren sich besser, beschädigte Zellen werden abgebaut.
Worauf  verzichtest Du? 
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