Gern gesehen in irischen Straßen: Che Guevara

Gern gesehen in irischen Straßen: Che Guevara

 

Ein Beitrag von Andrea Weik

Die Anzeige sprang mir direkt ins Auge: It started in Galway and ended in Revolution. Dazu ein Bild von Che Guevara, wie man ihn kennt vom Poster oder – falls man schon mal in Derry in Nordirland war – von der Wand im Bogside Viertel. Die Anzeige bewirbt eine neue Ausstellung, EPIC Ireland. Es geht um Männer und Frauen, die einst aus Irland emigrierten, und um deren Erfolgsgeschichten. Weltweit leben geschätzte 70 Millionen Menschen mit irischen Wurzeln, nicht alle machten ihr Leben zu einer Erfolgsgeschichte, und mancher Erfolg endete in einer bitteren Niederlage oder im Scheitern . . .

 

Che Guevara / Foto wikimedia

Che Guevara / Foto wikimedia

Als Teenager hielt ich Che Guevara für einen Popstar, wie er da vom Poster herunterblickte. Ich konnte noch kein Spanisch und verstand nicht, was Hasta La Victoria Siempre! bedeutet. Erst später lernte ich, dass es um Revolution ging, um den Kampf bis zum Sieg gegen die Unterdrücker.

Doch wie gehen Che Guevara und Irland zusammen? Irgendwo las ich eine Randnotiz zum kubanischen Nationalhelden, dem Commandante und seiner Verbindung zu Irland. In Galway dann fand ich das Büchlein The Tribes And Other Galway Families, in dem es um die Familien geht, die die Stadt ab dem Mittelalter geprägt haben. Allen voran 14 Kaufmannsfamilien, die den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Alltag Galways bestimmten. Die bedeutendste dieser Familien waren laut Autor die Lynchs: Seit dem späten 13. Jahrhundert in Galway ansässig, bekleideten sie ab 1247 regelmäßig den Posten des Chief Magistrate, und später den des Bürgermeisters der Stadt. Ab 1415 trieben sie regen Handel mit der Hansestadt Lübeck und prägten Galway auch architektonisch: Das best erhaltene mittelalterliche Gebäude der Shop Street ist das Lynch’s Castle.

Lynch's Castle / Foto Pauk wikimedia commons

Lynch’s Castle in Galway

Die Lynchs breiteten sich aus, ließen sich ländlich nieder im County Galway. Von dort zogen Nachkommen weiter, unter anderem nach Frankreich, USA und Lateinamerika. Ein Lynch war Mitunterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeits-Erklärung, ein anderer sollte Mitte des 20. Jahrhunderts in Kuba und Bolivien Geschichte schreiben: Ernesto Guevara Lynch de la Serna, kurz Che – Junge – genannt. Lad wie sie hier in Irland sagen. Geboren 1928 in Argentinien als Enkel der Anna Isabel Lynch und Ururenkel des Patrick Lynch, der 1715 in Lydacan im County Galway das Licht dieser Welt erblickt hatte. Die Ururenkel-Story haben wir in jüngerer Zeit schon oft gehört, unter anderem über Barak Obama.

Derzeit wird die Che Guevara Story in Irland kräftig touristisch vermarktet. Im Land der Geschichtenerzähler findet auch der Berufsrevolutionär Guevara seinen Platz, zumal er 1964 – nach einer Notlandung – in Dublin ein kurzes Interview gab. Seine irischen Wurzeln sollen ihm erst zu jenem Zeitpunkt bewußt geworden sein. Auf einem weiteren Kurzbesuch 1965 verbrachte er eine Nacht in Limerick. Nach Ches frühem gewaltsamen Tod im Jahr 1967 bezog sich dessen Vater in einem Interview auf Che Guevaras irische Vorfahren: “Zuerst ist festzustellen, dass in den Adern meines Sohnes das Blut der irischen Rebellen floss. Che erbte den Charakter unserer ruhelosen irischen Vorfahren. Er hatte etwas in sich, dass ihn in die Ferne trieb, zu gefährlichen Abenteuern und neuen Ideen.”

So passt er besonders in diesem Jubiläumsjahr – dem Centenary, das der bedeutendsten Revolution der Iren gegen die englische Kolonialmacht vor 100 Jahren gedenkt – ins Bild der Iren, die kämpften bis zum Sieg gegen die alten Unterdrücker. Hasta La Victoria Siempre!

 

Fotos: Markus Bäuchle (oben); Wikimedia (Mitte); Pauk wikimedia commons (unten)