Lachsfarmen in IrlandIm Bergwerk der Ja-Sager: Die vergangenen drei Tage verschwanden wir unversehens in einem sich auftürmenden Berg von Arbeit. Eine große Lachsfarm mit 500.000 Tieren zwischen der schönen Beara-Halbinsel und dem wilden Sheeps Head soll in letzter Minute verhindert werden. Deshalb heute noch einmal das Thema des Monats Februar: Lachs-Farm in Bantry Bay. Nein zur Farm. Ja zum Leben, zur Behutsamkeit, zu lokalen Fischgründen, zu sauberem Wasser und einem intakten Öko-System. Hier noch einmal die Vorgeschichte:

Der norwegische Fischerei-Konzern Marine Harvest will in Irlands südwestlicher Bucht Bantry Bay eine 42 Hektar große Lachs-Farm installieren. Der Multi, der ein Drittel des Zuchtlaches in der Welt herstellt, hat nach fast zwei Jahren Vorbereitung am 14. Januar einen offiziellen Antrag für den Bau der Anlage am Shot Head auf der nördlichen Seit der Bucht in West Cork gestellt. Der Fischerei-Gigant, der international für die von ihm verursachten Umweltschäden in der Kritik steht, ist der größte Zuchtlachsproduzent der Welt und hat weltweit eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Der Versuch von Marine Harvest, in der Dunmanus Bay, einer Nachbarbucht der Bantry Bay, Fuß zu fassen (wir berichteten), scheiterte im vergangenen Jahr am entschlossenen Widerstand der Bewohner. Nun kartet Marine Harvest in der Bantry Bay nach und lockt die Bevölkerung mit neuen Arbeitsplätzen: Allerdings sollen langfristig gerade einmal zwei neue Arbeitsplätze entstehen. Die Bewohner der Bantry Bay befürchten dagegen eine massive Verschmutzung und Verunreinigung der Gewässer durch Chemikalien, Antibiotika und Krankheitserreger, sowie die Ausrottung der Wildlachs- und anderer Wildtierbestände. Soweit die bis zum vergangenen Wochenende bekannte Geschichte. Hier nun einige neue Erkenntnisse:

1. Die lokal vor allem mündlich verbreitete Einspruchsfrist hat sich als falsch erwiesen. Es ist nicht der 22. Februar, wie man dachte, sondern der 13. Februar, also schon der kommende Montag. Mangels einer funktionierenden lokalen Verwaltung bleiben auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Irland Kinder der Dunkelheit. Klare Informationen zu Verfahren und Terminen gibt es, nur findet und kennt sie meist keiner. Die Einspruchsfrist gegen den Bau der Lachsfarm war in einer kleinen Notiz auf auf Seite 31 der Lokalzeitung “Southern Star” versteckt.

2. Hinter den Kulissen war bis zum Wochenende viel gemurmelt und gemutmaßt worden. Eine öffentliche Diskussion über das Lachsfarmprojekt, das massive Auswirkungen auf die Region haben würde, gab es nicht. Mit Ausnahme eines Jubelartikels am 14. Januar in der Lokalzeitung, der die Entstehung neuer Arbeitsplätze feiert und die Politiker aufzählt, die das Begehren von Marine Harvest unterstützen. Kein Wort davon, dass die Region, abgesehen von zwei Arbeitsplätzen (die auf lange Sicht zahlreiche andere Arbeitsplätze vernichten) von dieser norwegischen Lachsfarm in keiner Weise profitieren wird und auf der anderen Seite alle negativen Auswirkungen zu tragen hätte.

3. Mit Hilfe der modernen Online-Medien schrumpfen Monate zu Tagen oder gar Stunden: Innerhalb kürzester Zeit fanden Menschen, Gruppen, Initiativen über E-Mail, Websites, Blogs und ja, Facebook, zusammen und organisierten sich. Die Blog-Website www.savebantrybay.org steht seit Dienstag im Netz und arbeitet für die Kommunikation und Koordination der Lachsfarmgegner. Man kann schon jetzt sagen: Der Plan einer geräuschlosen Genehmigung der Lachsfarm ist gescheitert. Die Leute in der gesamten Bay sind alarmiert, überall tauchen nun Poster auf : “No Salmon Farm”.  Übermorgen, am Samstag, dem 11. Februar, findet in Adrigole auf der Beara Peminsula, die erste öffentliche Veranstaltung zur Lachsfarm am Shot Head statt.

4. Die Betreiber des Projekts und ihre Unterstützer halten sich bislang noch zurück. Sie müssen sich umsortieren, weil sie mit einer öffentlichen Diskussion, zumal mit einer sich explosiv verstärkenden, nicht mehr gerechnet hatten. Die Bewegung gegen die Industrie-Anlage zur Massenproduktion von minderwertiger Nahrung wird offen unterstützt von örtlichen Fischerei-Koooperativen, Angelvereinen, Tourismusverbänden, von Anwohnern, örtlichen Unternehmen, besorgten Bürgern und einigen Politikern.

5. Die Frontlinien verlaufen quer zu den traditionellen Öko-Konflikten, die lokale Gemeinschaft lebt im Umbruch. Es gilt nicht mehr: bekannt gegen fremd, Local gegen Blow-in, Einheimische gegen Zugezogene. Der amerikanische Ferienhausbesitzer, der irische Fischer, die britische Umweltschützerin, die schweizer Wahl-Irin, der deutsche Autor und der irische Betreiber eines Bed & Breakfast arbeiten Hand in Hand, ziehen an einem Strang zum Schutz “ihrer” Bucht.

6. Das Ergebnis ist offen. Das Etappenziel: Irlands Agrarminister Simon Coveney und das Meeres-Ministerium sollen zustimmen, dass vor einer Entscheidung für oder gegen die Lachsfarm am Shot Head eine offizielle öffentliche Informationsveranstaltung stattfindet. Es ist die Entscheidung: “Demokratie vs. Bananen-Republik”

Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf: www.savebantrybay.org

Foto: Ausschnitt aus der Dokumentation “Lachsfieber”. Empfehlenswert. Zu beziehen bei Anaconda Film.