Irischer Esel

Es ist Juli, der Sommer in Irland nimmt eine kurze Auszeit, es ist deutlich zu kühl in diesen Tagen. Das politische Dublin erlebt dagegen einen heißen Sommer, die Regierung von Taoiseach Enda Kenny (Fine Gael) steht mehrfach unter massivem Druck: Gestern gewann die Fine Gael-Labour -Regierung zwar die erste Abstimmung über die vorsichtige Liberalisierung des Abtreibungsrechts mit deutlicher Mehrheit — allerdings widersetzten sich vier Fine Gael-Abgeordnete der strengen Fraktionsdisziplin und stimmten gegen die Gesetzesvorlage: Jetzt müssen sie gehen, die Fraktion verliert vier Mitglieder, und weitere dürften bei der zweiten Abstimmung über das Reformgesetz folgen. Die Partei ist in Aufruhr.

Dublin steht zudem noch immer unter dem Eindruck des Medienechos, das die “Anglo Tapes” in der vergangenen Woche ausgelöst haben — Telefonmitschnitte von Gesprächen zwischen Spitzenmanagern der Anglo Irish Bank aus dem Jahr 2008 (“Scheiß Deutsche”), aus denen klar wird, dass alles wahr ist, was man über Bankster annimmt: “Sie bewiesen sich nicht nur als gierig, rücksichtslos und manisch auf den eigenen Vorteil fixiert, sondern auch als hochgradig zynisch, selbstherrlich, herablassend und über die Maßen arrogant. Primitive Drecksäcke in Nadelstreifen”, kommentierten wir hier auf Irlandnews. Die weltweiten Reaktionen waren gewaltig, und Irland sieht jetzt noch mehr wie ein enttarnter Finanz-Schurkenstaat und wie ein Eldorado für raffgierige Neo-Cowboys aus.

Geradezu beschämend taktiert sich derweil Regierungschef Enda Kenny ins Abseits: Er scheint alles daran zu setzen, um die Aufklärung über jene dramatischen Tage im September 2008 zu verhindern, in denen die Vorgänger-Regierung schließlich eine Vollgarantie für alle Bankeinlagen in Irland aussprach und das Land damit in den wirtschaftlichen Abgrund stürzte. So behauptet Kenny, dass es in seinem Amtsbereich keine Unterlagen und keine Informationen zur Erhellung der schwerwiegenden Vorgänge vor bald fünf Jahren gebe — was ausgerechnet den Chef der damals verantwortlichen und deshalb auch abgelösten Regierungspartei Fianna Fail, Micheal Martin, in die komfortable Lage versetzt, dem Ministerpräsidenten parteipolitische Ränkespiele vorzuwerfen und rückhaltlose Aufklärung über das Tun seiner eigenen Partei zu fordern. Die Regierung wirkt nach zweieinhalb Jahren im Amt verstrickt und verbraucht — und die Wähler fragen sich, was die dort in Dublin dem Volk eigentlich alles an Informationen vorenthalten, und warum die neue Regierung nicht besser ist als die alte.

Torf Irland

Torffeld in´m County Cork

Auf den Torffeldern im Land spitzen sich derweil die Konflikte zu: Der Versuch, das Torfstechen in den 53 geschützten Mooren des Landes endgültig zu beenden, will nicht gelingen. Die Kompensationsangebote — Geld, Torf aus anderen Abbaufeldern oder sogar Ersatz-Felder — werden zwar von vielen Torfbauern angenommen, aber bei weitem nicht von allen. Vor allem der industrielle Abbau großer Mengen lässt sich wohl nicht so leicht mit einem friedlichen Arrangement stoppen, und so sind nun Prozesse gegen den illegalen Abbau von Torf in Naturschutzgebieten programmiert. Irland sollte den Schutz von zwei Prozent der Torfflächen im Land auf Druck der europäischen Umweltbehörden eigentlich schon seit Jahren wirksam umgesetzt haben, doch das traditionelle Recht der Menschen auf Torfabbau ist ein hoch emotionales Thema auf der Insel, mit dem sich auch nackte wirtschaftliche Interessen der Torfindustrie gut kaschieren lassen.

Und sonst?  Der Esel in Kerry (Foto) kann es nicht mehr hören, was die “Drink & Drive-Kampagneros um den Politik-Wirt Danny Healy-Rae in Kilgarvan an Unsinn absondern. Er ruft über den Berg: Stop making Nonsense, Iaaaaaahhhhhhh

PS: Seit 1. Juli gibt es die neuen irischen Auto-Kennzeichen mit dem schönen Kürzel 132, was bedeutet: Erstzulassung im Jahr 2013, 2. Halbjahr. Nun ziehen die Autokäufe, die im ersten Halbjahr um 20 Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahr eingebrochen sind, wieder an. Wer wollte nicht ganz vorne mitfahren, mit einem schicken 132-er? Die neue Praxis wird übrigens im Jahr 2014 fortgesetzt: 141, 142 . . .

Fotos: Markus Bäuchle / Wanderlust – Wandern in Irland