“Bringst Du mir ein Schaf mit?” wird gerne gefragt, wer von Irland nach Deutschland reist, um Freunde zu besuchen. Das Schaf, diese Ikone der Insel, gehört zu den Stereotypen des Irland-Bilds, zum Mobiliar der irischen Landschaft. Auch wir leben inmitten von Schafweiden, quasi als Nachbarn von mehreren hundert wollig-flauschigen Vierbeinern. Flauschig? Gerade eben waren Nachbars Schafe kollektiv beim Friseur – und sind nun – kläglich nackt – der Lächerlichkeit und der anhaltenden Schafskälte ausgesetzt. Und wir müssen gestehen: Bis heute kennen wir die vertraut unvertrauten Landschaftsgärtner nicht beim richtigen Familiennamen. Zumindest nicht alle. Deshalb diese kurze Hommage, oder besser Moutonage an – das Schaf.

Das wilde Schaf (Romy S.), das dumme Schaf, das Hausschaf, das Wollschaf, das Klonschaf, das Landschaf, das Schwarze Schaf. Der Widder, der Bock, das Mutterschaf, der Hammel, das Lamm – Agnus Dei. Wir reden viel über das Schaf, dieses treue und uralte Begleittier der Menschheit, das dem Menschen weltweit seit jeher Nahrung und Kleidung, also Überleben sichert. Das Schaf (Ovis orientalis avies) liefert Fleisch, Milch, Yoghurt, Käse, Kefir, Wolle, Pelze, ja selbst die Saiten von Musikinstrumenten und Tennisschlägern. Rund eine Milliarde Schafe leben auf dem Globus. Die meisten europäischen Horntträger, die übrigens zur Familie der Ziegenartigen gehören und vom armenischen Wildschaf, dem Mufflon abstammen, grasen die Weiden von Großbritannien und Irland ab.
Es könnte sein, dass das Schaf seine besten Zeiten als Nutztier des Menschen hinter sich hat: Baumwolle und vor allem synthetische Stoffe aus Erdölderivaten haben die Schafwolle in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgedrängt und den Preis für ein Kilo auf weit unter einen Euro gedrückt. Seit einigen Jahren reduziert zudem die reformierte Agrarpolitik der Europäischen Union die Bestände, seitdem die EU-Zuschüsse von der Zahl der gehaltenen Tiere entkoppelt wurden.
Der große deutsche Zoologe Alfred Brehm äußerste sich übrigens recht abfällig über das Schaf: “Seine Furchtsamkeit ist lächerlich, seine Feigheit erbärmlich”. Warum man vom “dummen Schaf” spricht, weiß jeder, der auf enger Landstraße schon einmal ein paar vollkommen ratlose Schafe kilometerweit vor sich her getrieben hat, ohne dass diese einen Ausweg aus der misslichen Lage gefunden hätten.
Nun aber zu den Familiennamen: Die größte Familie unter den irischen Schafen stellt nach unseren unmaßgeblichen Zählversuchen das schottische Blackface, das robuste Hochlandschaf mit dem schwarzen Gesicht. Wie aber heißen all die anderen? Heidschnucken? Eher nicht; Dickschwanzschafe? Eher doch? Kennt sich jemand aus? Wir werden uns derweil jenseits des Zaunes mal schlau machen.

Sind wir nicht alle Schafe, oder sollten es sein, zumindest wenn es nach der Vorstellung der katholischen Hirten geht, dieser Pastoren, die sich Kindern bisweilen als Wölfe im Schafspelz offenbaren?