In den sogenannten irischen “Computerstädten”, den aus dem Boden gestampften Pendler-Siedlungen von Naas, Arklow oder Navan, gehen langsam die Lichter aus. Die neuen gigantischen Einkaufszentren, die in Malls aggregierten Konsumtempel, sind verlassen, viele der gerade erst bezogenen Häuser in den monotonen Schlafsiedlungen stehen leer und warten vergeblich auf Käufer.

Im Speckgürtel von Dublin hat die neue irische Mittelschicht ihre dauerberauschte Celtic-Tiger-Party gefeiert, hier wütet nun auch die erste Mittelschichts-Rezession, die Irland jemals erlebt hat. Irland, das einstige Musterkind der europäischen Wirtschaft, ist depressiv. “Deckland Depression”, nennt Davids McWilliams, der ebenso brilliante wie brilliant schreibende irische Pop-Ökonom, die desolate Wirtschaftssituation. “Deckland”, weil dort die Decklanders wohnen, die Menschen, die am neuen, zu 115 Prozent hypothekenfinanzierten Haus auf die status-bewusste hölzerne Sonnenterasse (“Deck”) nicht verzichten wollten. In Deckland wächst die Arbeitslosigkeit rasend schnell, und es trifft vor allem die Generation der Jungen, die Flexiblen, die gut Ausgebildeten – während die Heerscharen im aufgeblähten öffentlichen Dienst ihre Schäfchen (noch immer) weitgehend im Trockenen hüten.

Die Regierung rechnet derweil hektisch die Budgets nach, korrigiert das erwartete “Minus-Wachstum” auf über vier Prozent für das kommende Jahr. McWillimas schreibt in seinem aktuellen Blog-Eintrag , dass das Land ökonomisch schon lange am Ende war, dass dies aber durch Pump ohne Ende vertuscht werden konnte. Die verlorene Wettbewerbsfähigkeit hat das Land durch gieriges kreditfinanziertes Konsumieren ein paar Jahre übertünchen können. Als aber die Banken weltweit das Geldverleihen einstellten, saßen die irischen Banken und deren Kreditkunden schlagartig auf dem Trockenen. Der Hahn, so McWilliams, wurde über Nacht zugedreht. Was kommt? McWilliams stellt “die totale Kapitulation” des irischen Konsumenten in Aussicht und fragt vielsagend: “Was passiert, wenn eine ganze Generation betrogen wird?”

Politiker fordern, dass eine starke Export-Wirtschaft den Untergang der sich selbst bedienenden Service-Wirtschaft und den Niedergang der Bauindustrie kompensieren muss. Der so angrifflustige wie umstrittene Irish Times Kolumnist John Waters hat allerdings schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass Irland in den fetten Jahren versäumt hat, eine eigene mittelständische produzierende Wirtschaft aufzubauen – und David McWilliams rechnet den Arbeitsplatzanteil der Export- an der Gesamtwirtschaft auf derzeit gerade einmal fünf Prozent. Davon werden 90 Prozent von den wanderfreudigen Multinationals wie Apple, Dell und Pfizer beschäftigt.

Es gelang jahrelang die Illusion zu nähren, dass Wirtschaften auf Pump ewig gut geht. Kann nun ebenso gelingen, aus dem Fast-Nichts eine funktionierende irische Exportwirtschaft aufzubauen? Viele im einst hyper-katholischen Irland werden sich in ihrer Not an den etwas aus der Mode gekommenen Mann aus Nazareth wenden. Der konnte immerhin aus Steinen Brot zaubern.