Bere Island Fähre 2011

Bere Island. Zwei Fähren verbinden die Insel in der Bantry Bay mit dem Festland.

Geschichten von der Beara-Halbinsel im Süd-Westen Irlands (Teil 16)

von Peter Bernhardt* 

Heute erzählt Peter Bernhardt im Geschichten-Zyklus über das ländliche Irland am Atlantik von der bewegten Vergangenheit des Insel-Idylls Bere Island. Die Insel in der Bantry Bay war lange Zeit der wichtigste Militärstützpunkt der Briten am irischen Atlantik. 


Bere Island ist ein Glücksfall
für den Fischereihafen Castletownbere, denn die schützende Insel macht diesen Hafen durch ihre Lage zum sichersten in ganz Irland. Sie liegt direkt im Eingang der herrlichen Bantry Bay, ist nur zwei Kilometer von Castletownbere entfernt und bewacht die tiefen Wasser des Hafens, der Irlands größter „Weißfisch“-Hafen ist. Die Insel ist etwa elf Kilometer lang und fünf Kilometer breit und hat knapp über 200 Einwohner. Das sah in der Mitte des 18. Jahrhunderts noch ganz anders aus, da lebten über 2000 Menschen auf der Bere Island.

Martello Tower auf Bere Island

Martello Tower auf Bere Island

Bere Island wurde schon früh besiedelt. Das beweisen zahlreiche archäologische Fundstellen, die von der Bronzezeit bis ins Mittelalter reichen. Man findet dort zum Beispiel Ringforts, Standing Stones, sowie Grabmale und Beerdigungsorte aus der Jungsteinzeit. Die Insel war im Besitz des O’Sullivan Clans, bis der Engländer Sir George Carew in der Schlacht von Dunboy im Jahre 1602 den Sieg davontrug und die O’Sullivans im Auftrag von Englands Königin Elisabeth I „in die Wüste schickte”. Carew war auch derjenige, der den strategischen Wert dieser Insel erkannte und eine Straße quer über das Eiland bauen ließ. Sie diente damals dazu, Soldaten und Kriegsmaterial  von der geschützten und uneinsehbaren Seite der Insel in „Schussweite“ zum Dunboy Castle zu schaffen, das nur wenig hundert Meter entfernt auf der anderen Seite der Hafeneinfahrt liegt.


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Im Jahre 1796 erreichte eine französische Flotte den Hafen von Castletownbere mit dem Führer der United Irishmen, Wolfe Tone*, an Bord. Doch ungewöhnlich heftige Stürme verhinderten die geplante Invasion, denn sie machten es der Mannschaft unmöglich, an Land zu gehen und so verließen sie die Bantry Bay unverrichteter Dinge und mit einer völlig vom Sturm gerupften Flotte. Mehrere Schiffe sanken in der Bantry Bay.

Die verlassenen Militär-Anlagen auf Bere Island: heute geschlossen.

Die verlassenen Militär-Anlagen auf Bere Island: heute geschlossen.

Nur zwei Jahre später versuchten es die irischen Rebellen erneut, diesmal in Killala, County Mayo. Diese Invasion klappte ein wenig besser. Die britische Autorität lernte aus diesem Vorkommen und beauftragte Lieutenant-Colonel William Twiss, einen Ort an der irischen Süd- oder Westküste zu finden, an dem man Irland gut verteidigen könnte. Das Ergebnis seiner Recherche war: die Bantry Bay mit Bere Island als sicherem Hafen.

Nachdem das Marinegeschwader unter Konteradmiral Sir Robert Calder Station in Castletownbere bezogen hatte, begann man 1803 auch gleich mit dem Bau von vier Martello Towers auf Bere Island, die 1805 zu den ersten „bezugsfertigen“ Türmen gehörten (von 50 in ganz Irland). Alle vier Martello Towers waren so platziert, daß sie den Naturhafen zwischen Insel und Festland sichern und verteidigen konnten. Des weiteren baute man einen Wachturm, Baracken für zwei Offiziere und 150 Soldaten, Lagerhäuser und einen Anlegesteg.

Eine alte Kanone auf Bere Island

Eine alte Kanone auf Bere Island

Nach den Napoleonischen Kriegen folgte eine Periode des militärischen Stillstands. Bere Island spielte  bis 1890 keine militärische Rolle, und die Unterkünfte der Militärs wurden abgerissen. Zu dieser Zeit besuchten Mitglieder der Britischen Informations-Abteilung Glengarriff. Von da aus machten sie auch einen Ausflug ins nahegelegene Castletownbere und entschlossen sich, Bere Island einen Besuch abzustatten. Dort, auf dem höchsten Berg stehend, stellen sie mit Entsetzen fest, welche Vorzüge dieser Hafen für eine fremde Macht haben könnte, um von hier aus einen Angriff auf England zu starten. Eine Experten-Gruppe wurde beauftragt zu erkunden, wie man diese Insel wieder zur „Festung“ ausbauen könnte. 

Inselwandern Wanderlust August 2014

Friedliche Idylle: Bere Island, Ardnakinna Lighthouse

1891 begann man mit der Umsiedlung von Familien von der östlichen Seite von Bere Island und startete mit dem Bau von Artillerie-Festungsanlagen, die noch heute als Lonehart Battery bekannt sind. Sie sollten den Hafen sichern und die vor Anker liegende Britische Flotte schützen. Britische Ingenieure bauten diese Anlagen mit Hilfe örtlicher Bauunternehmer und Arbeiter. Für die Menschen auf der Insel waren das goldene Zeiten, denn sehr viele von ihnen kamen in Arbeit und Brot. Die Bautätigkeit zog sich, mal mehr, mal weniger intensiv, über fast 30 Jahre hin. Errichtet wurden eine Coastguard Station, Baracken an verschiedenen Orten und mehrere Verteidigungsanlagen. Und natürlich auch Häuser für die Offiziere. 1915, im ersten Weltkrieg, kam ein Militär-Krankenhaus dazu, wo viele verwundete Soldaten versorgt wurden.

Bere Island

Ein alter Unterstand im Osten der Insel

Aber auch ans Vergnügen wurde gedacht. Im gleichen Jahr wie das Krankenhaus baute man eine Freizeithalle für eine Vielzahl von Amüsements, etwa für Tanzveranstaltungen und Filmvorführungen. Ein Schießstand wurde errichtet, der noch heute von der irischen Armee jeden Sommer zum Üben genutzt wird. Bere Island hatte durch die militärische Nutzung schon Strom und fließend Wasser, bevor diese Errungenschaften auf dem Festland ankamen. Allerdings gabs diese Privilegien auch auf Bere lange nur für die Angehörigen des Militärs.

Schon 1890 hatte man auf Bere Island vier Schnellfeuer-Geschütze und eine Siebenundzwanzig-Tonnen-Kanone installiert. Eine weitere wartete darauf in „Position“ gebracht zu werden. 1911 waren es insgesamt neunzehn Kanonen. Zwei von ihnen kann man noch heute sehen. Ein Kolumnist des Cork Council Eagle schrieb zu jener Zeit: “Bere Island will be the most strongly fortified place for its extent in the British Isles“.

Natürlich fanden regelmäßig Übungen statt, an denen auch die Kanonen abgefeuert wurden. Die waren so laut, daß die in der Nähe Wohnenden evakuiert werden mußten. Bei einer Übung stürzte sogar ein Dach ein. Es gab Zeiten, da waren so viele Kriegsschiffe im Hafen vor Anker, dass man sich erzählte, man könne von Bere Island von Schiff zu Schiff trockenen Fußes ans Festland gelangen. Und die „Bevölkerung“ im Hafengebiet wuchs schlagartig auf 13.000 Mann.

Es wird geschätzt, das etwa 1500 Soldaten von Bere Island aus nach Frankreich in den Krieg geschickt wurden und nur weniger als 300 zurück kehrten, davon viele verwundet.

Ein weitere Unterstand im Westen von Bere Island

Ein weitere Unterstand im Westen von Bere Island

Während des Anglo-Irischen Krieges hatte man auf Bere Island auch irische Republikaner interniert, ebenso den Domherrn von St. Flannan’s aus Ennis, William Kennedy. 1932 zogen die Briten sich aus Irland zurück, beharrten aber vertraglich darauf, dass sie auch weiterhin die drei Tiefseehäfen, Berehaven (Castletownbere), Queenstown (Cobh) und Lough Swilly (im Norden Irlands) als souveräne Basen nutzen dürfen. Dieses Recht endete dann 1938 mit Irlands kompletter Unabhängigkeit.

Nicht nur die historischen Sehenswürdigkeiten sind es wert, dieser Insel einen Besuch abzustatten,  auch Vogelkundler, Pflanzen-Liebhaber und Wanderer (www.irland-wandern.de) werden begeistert sein von der Vielfalt dieser heute so entrückten wie friedlichen Insel. Wer Glück hat, kann vom Land aus sogar Wale, Delphine, Haie und Seehunde beobachten.

Es gibt zwei Fähren, die Besucher und Einheimische auf die Insel bringen. Eine geht vom Hafen in Castletown aus und landet im Westen von Bere Island, die andere legt vom Pontoon-Hafen in Berehaven in der Nähe vom Golfplatz ab und steuert Rerrin, das Dorf im Osten der Insel an.

By the way: Der Golfplatz von Berehaven wurde von den Engländern angelegt, als die noch die Herren auf Bere Island waren. Hier sollten sich die Offiziere und ihre Freunde vom Streß entspannen können.

 Peter BernhardtDer Autor: Peter Bernhardt lebt seit dem Jahr 2000 in Eyeries auf der Beara Peninsula in West Cork. Bis zu seinem Ausscheiden aus seinem Arbeits-Leben war er Art Direktor und Werbeleiter. Seine Liebe zu Irland hat er 1967 auf einer fünfwöchigen Fahrradtour durch den Süden entdeckt. Danach folgten mehrere Irland-Urlaube mit Familie, bis 1987 ein altes Cottage seine Aufmerksamkeit weckte und darum warb erworben zu werden. Peters Interessen sind unter anderem Archäologie, lokale Geschichte und Storytelling.

PS: Peters Geschichten von der Beara Peninsula erscheinen regelmäßig hier auf Irlandnews.

Fotos: Peter Bernhardt; Markus Bäuchle (1, oben)
* Mehr Informationen über Wolfe Tone gibt es bei Wikipedia