Junger Football-Spieler aus Cork

Die aktuelle Auswanderungswelle aus Irland hat skurrile Auswirkungen. Selbst Irlands Nationalsport leidet schon. Einem Artikel des britischen “Guardian” zufolge haben Irlands Gaelic-Football-Vereine mittlerweile massive Probleme, noch genug Spieler für ihre Mannschaften zu rekrutieren. Wenn in der GAA-Liga auch sportlich auf professioneller Ebene gespielt wird, so sind die Spieler doch alles Amateure – und die brauchen ganz normale Arbeitsstellen, um sich und ihre Familien zu ernähren.

Autorin Lisa O’Carroll zitiert Jimmy Bambury, der eines der fünf GAA-Teams auf der Dingle-Halbinsel betreut. “Die Möglichkeit, in Croke Park zu nationalen Football-Ehren zu kommen, finanziert einem leider nicht den Lebensunterhalt”, sagt der Experte. Normalerweise hat er kein Problem damit, gute Spieler zu rekrutieren – aber dieses Jahr sieht alles anders aus. “Acht unserer besten Spieler sind ausgewandert, und Anfang des Jahres werden noch weitere entweder nach Großbritannien oder nach Australien gehen.” Nur acht kleine Jungen würden dieses Mal in der Junior Infant-Stufe antreten, vor zehn Jahren seien es noch doppelt so viele gewesen. Der Grund für die Auswanderung liege unter anderem in Dingles Abhängigkeit vom Tourismus, und dessen Einbruch vertreibe gerade die jungen Familien. Das heißt wohl, dass in zehn Jahren auch der Nachwuchs für die Erwachsenen-Mannschaften fehlen wird.

Laut O’Carroll wird erwartet, dass die aktuelle Auswanderung selbst die letzte Welle in den Achtzigern des vorigen Jahrhunderts übertreffen wird. In 1989 belief sich der damalige Höhepunkt auf 44.000 Auswanderer, für 2011 und 2012 befürchtet das Economic and Social Research Institut (ESRI) jeweils 50.000 Hoffnungsvolle, die ihr Glück woanders finden wollen. Es ist die “Lost Generation” der jungen Leute zwischen 20 und 30, denen offenbar keine andere Chance bleibt, egal ob Handwerker oder Hochschulabsolventin.

Nähere Informationen gibt es aus Australien: Vor fünf Jahren gingen down under 12.500 der auf zwei Jahre verlängerbaren “working holiday visa” an Iren – in 2009 waren es schon 23.000. Speziell Einwanderer mit Berufen wie Schreiner, Elektriker, Krankenschwester (m/w) und mit anderen medizinischen Themen haben gute Chancen auf Dauervisa. Deren Anzahl stieg von 1.700 (in 2008) auf 3.000 (in 2010). Nur – ausgebildete Fachleute in diesen Berufen zu verlieren, das kann sich eigentlich kein Land leisten.

Viele der jungen Leute gehen trotzdem davon aus, dass sie nicht mehr nach Irland zurückkehren. Sie vermissen zwar ihre Familie und die Freunde, sehen ihre Zukunft aber definitiv nicht in der Heimat. Vielmehr zeichnet es sich ab, dass die Auswanderer – wie zur Zeit der Großen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts – wieder Geld an die daheim Verbliebenen schicken. Darüber hinaus wollen sie lieber nicht zu viel davon mitbekommen, wie zu Hause das Land herunter gewirtschaftet wird, das sei einfach zu deprimierend.

Auf der Pferderennbahn von Melbourne soll man sich mittlerweile wie bei den Punchestown Races fühlen – überall hört man den irischen Tonfall. 


Diesen Beitrag hat Irland-Blog-Autorin Nicola für Euch geschrieben. Den Artikel im Guardian kann man/frau hier lesen.