Golden Days: Am Irons Castle in Kilcoe

Golden Days: Am “Irons Castle” in Kilcoe

Als wäre nichts gewesen: Am vergangenen Freitag prasselte vielerorts in Irland eine selten gesehene Regenmenge von über 100 mm oder 100 Liter pro Quadratmeter auf das Land herunter und schuf Chaos. In dieser Woche nun erleben wir bei deutlich gesunkenen Temperaturen, was man so schön die “Golden Days” nennt:  goldene, strahlende Herbsttage mit bestechendem Licht, viel Sonne und prächtigen Schönwetterwolken.

Golden Days: Bantry Bay

Golden Days: Bantry Bay

Während Kontinental-Europa derzeit nur ein Thema hat, die gigantische Flüchtlingwelle, erfahren wir im ländlichen Irland an der Atlantikküste davon nur aus den Medien. So bleiben das Leid und das Streben der hunderttausenden Flüchtlinge hier merkwürdig unfassbar und unanschaulich. Und doch kann auch hier niemand die Augen vor Europas größter Herasuforderung verschließen. Am Atlantik derweil Goldene Tage, als wäre nichts, als wäre nichts gewesen. Trügerische Idylle.

Die Betroffenheitskultur im Land produziert freilich weiterhin vergleichsweise kleine Brötchen:

  • Irland diskutiert derzeit noch immer über die Folgeschäden der sintflutartigen Regenfälle der vergangenen Woche: Am Rossbeigh Strand im County Kerry sind nach einem Erdrutsch an den Klippen 17 Häuser von der Außenwelt abgeschnitten. Am Barley Cove im County Cork ist die Straße zerstört und unbefahrbar. Zahlreiche Brücken müssen nach dem ultimativen Hochwasser von Freitag überprüft werden, ob sie noch standfest sind. und die Frage, die sich Mary und Paddy beim täglichen Small Talk derzeit zuerst stellen: “Bist du nicht auch weg geschwemmt worden?”Skellig Michael
  • Auf Skellig Michael, der sagenumwobenen 1400 Jahre alten Klosterinsel im Atlantik vor der Küste Kerrys, tobt erneut der Krieg der Sterne. Hollywood hat das fragile UNESCO-Weltkulturerbe nach ersten Filmarbeiten zu Episode VII im vergangenen Jahr nun zum zweiten Mal gekapert. Obwohl die offiziell in Abrede gestellten Schäden im Sommer 2014 erheblich gewesen sein sollen, gab die irische Regierung die Felseninsel jetzt erneut für Filmarbeiten frei. Gedreht wird auf Skellig Michael derzeit an Starwars Episode VIII, und es wird jedem klar: Wenn Lucas Film und Disney etwas wollen, dann bekommen sie es meist auch. Das kleine Häufchen Natur-, Umwelt- und Kulturschützer kann nicht viel ausrichten, weil auch Irlands Regierung derzeit jede Gelegenheit nutzt, um das Land auf frivolste Weise in die Wachstumsspur zurück zu schießen.
  • So wundert es nur noch die Blauäugigen, dass der ehrgeizige Landwirtschafts- und Fischerei-Minister Simon Coveney jetzt eine Lizenz für eine Riesen-Lachsfarm in der Bantry Bay erteilt hat. Am Shot Head soll der Mega-Umweltverschmutzer Marine Harvest, ein norwegischer Fischereimulti mit unrühmlicher Vergangenheit, eine geplante 42 Hektar große Lachsfarm installieren darf. Noch gibt es einen kleinen Funken Hoffnung, dass das zerstörerische Projekt verhindert werden kann.
    Pläne für eine 42 Hektar große Lachsfarm in Bantry Bay Irland

    Die Pläne für eine 42 Hektar große Lachsfarm in Bantry Bay Irland

    Viel wahrscheinlicher aber ist, dass die Lizenzvergabe an Marine Harvest für die Bantry Bay nur der Auftakt sein wird für eine ganze Sturmflut von Genehmigungen für Lachsfarmen entlang der Atlantikküste. Die Konsequenzen des Big Deals, in dem Großaktionäre, Fischerkonzerne, die chinesische Regierung, einige nicht ganz selbstlose irische Politiker und eine manipulierte Öffentlichkeit die Hauptrollen spielen: Mehr billiger Zuchtlachs für die Welt. Auf dem Altar des Wachstums wird die Umwelt zerstört, werden Tiere gequält, wird minderwertige Nahrung voller toxischer Stoffe produziert, wird der Wildlachs endgültig ausgerottet.  Und ich bleibe doch dabei: In zehn Jahren wird kein halbwegs gesundheitsbewusster Mensch mehr Lachs aus Lachsfarmen essen. (Hier gibt es mehrere Beiträge über die umstrittenen Lachsfarmen in Irland)
    Bulle

  • Für Betroffenheit sorgte diese Woche ein Bulle im County Donegal: Er tötete seinen Besitzer, einen 65jährigen Farmer, und verletzte dessen Zwillingsbruder schwer. Rinder-Bullen, davon zeugen regelmäßige Un- und Zwischenfälle auf Farmen, sind unberechenbare bis gefährliche Tiere, um die man besser einen Bogen macht. Den sollten derzeit auch Besucher des bekannten Steinkreises von Kealkil in West Cork  machen. Denn dort hat ein eigenwilliger Farmer und Landeigentümer derzeit einen Bullen auf die Wiese zwischen Straße und Monument gestellt. Wir haben dem Nasenring-bewehrten Koloss unfreiwillig tief in die Augen geschaut, raten allen Besuchern zur Vorsicht und werfen die Frage auf: Gibt es zu dem Steinkreis, auf den mit offiziellen Wegweisern an der Hauptstraße hingewiesen wird, ein offizielles Wegerecht für Besucher, und wenn ja: Was macht dann der frei herumspazierende Bulle auf dem Feld? Wenn nein: Warum gibt es keine Warn- oder gar Verbots-Schilder zum Schutz von Menschen? Fragen über Fragen.

    GAA Finale Croke Park
  • Von der Betroffenheit zur Begeisterung: Am Sonntag erreicht das irische Sportjahr seinen Höhepunkt: Das Finale im Gaelic Football steht an. In Croke Park, dem größten Stadion der Insel, im Herzen der Hauptstadt, stehen sich die Teams von Dublin und Kerry gegenüber. Das ist das mit Leidenschaft geführte Duell von Stadt gegen Land, der Dubs gegen die Culchies aus dem Südwesten. Jetzt haben die Wettbüros Hochkonjunktur. Am Sonntagnachmittag wird das Land wie ausgestorben wirken, die Menschen sitzen daheim oder im Pub vor dem Fernseher, und über 80.000 Fans werden live im Croker mit dabei sein. See you in Croke Park! Wir hier in West Cork drücken die Daumen für den Erzrivalen über den Bergen, unseren Nachbarn aus Kerry. May the footballer´s force be with you!
    Golden Days: Bantry Town

    Golden Days: Dämmerung über Bantry Bay. kommt die zerstörerische Mega-Lachsfarm?