Das Vogel-Thermometer

Das Vogel-Thermometer

Irischer Sonntag. 31. Januar. Der Januar ist also schon wieder vorbei. Heute morgen bin ich zu Vogelgezwitscher der fröhlichen Art aufgewacht und habe mit mir selber gewettet, ob man an der Zwitscher-Klangkulisse auf die Außentemperatur schließen kann. Der frühlingshaft anmutende Vogel-Chat fühlte sich nach 11 Grad an. Der Blick aufs Thermometer verriet: Man kann. 11,8 Grad. Zumindest ungefähr kann man mit einiger Erfahrung von den Tierlauten auf die Klima-Verhältnisse schließen. Probiert´s mal . . .

Sind wir nicht völlig widersprüchliche Wesen? Die Natur tief erspüren und dann mal eben zur Kontrolle auf dem iPhone die Daten der digitalen Wetterstation im Garten abrufen . . . Ich hatte mir fest vorgenommen, bei der Digitalisierung des Hauses im Sinne einer Totalverweigerung überhaupt nicht mitzumachen, weder Kühlschrank, noch Licht, noch Pool-Beheizung  oder Garagentor ans Internet zu hängen. Das fällt uns ziemlich leicht, weil wir weder Pool noch Garage besitzen, und in den Kühlschrank lassen wir uns auch nicht von der ganzen Welt schauen.

netatmo

Das Internet-Thermometer

Meine Technik-Faszination scheint dennoch ungebrochen und punktete mit einer klassischen Selbstüberlistung bei der Anschaffung der neuen Wetterstation. Die alte Außenstation (von Äldi, zehn Jahre ganz zuverlässig) zeigte mitten in der Winternacht stur 30 Grad plus und ließ sich nicht mehr davon abbringen. Jetzt checken wir – rein beruflich natürlich – neben Außen- und Innentemperatur, Luftdruck, Windstärke und Regenmenge auch den CO2-Gehalt und die Luftqualität im Haus über das Telefon und den Tischcomputer (netatmo heißt das Wunderding, und der ortsunabhängige Abruf der heimischen Wetterdaten ist richtig g***).

Die reklamierte Widersprüchlichkeit, genauer: die Kluft zwischen Natur und hypermoderner Menschen-Kultur wird sich früher oder später wohl auflösen: Affen sprechen bereits mit Menschen via Computer, Menschen vernetzen sich digital mit den Netzwerken der Natur, hacken sich ein ins Wood Wide Web und verbinden die natürlichen mit den digitalen Netzwerken. Dem Internet der Dinge folgt das Internet der Tiere und Pfanzen, das World Wide Web der lebenden Organismen. Wohin uns diese Brücken wohl führen werden . . .

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Brigid´s Cross

Einmal noch schlafen, dann ist schon Frühling. Dem Golfstrom sei Dank. In Irland wird der Lenz am 1. Februar eingeläutet. Die alten Kelten und die neuen Heiden feiern anfang Februar das Reinigungs- und Hirtenfest Imbolc. Sie huldigen der Ankunft des Frühlingslichts und der wärmeren Tage. Der 1. Februar wird hier in Irland auch als Brigid´s Day begangen, in Erinnerung an die keltische Göttin Brigid, die von den Christen später in die Figur der Heiligen Brigida von Kildare umgedeutet wurde.

Die Heilige Brigid, eins Keltische Göttin, heute christliche Patronin von Irland

Die Heilige Brigid, einst keltische Göttin, heute christliche Patronin von Irland

Am 1. Februar basteln die Kinder in den Schulen noch heute aus Binsen das Brigid´s Cross, das Brigitten-Kreuz. Das hübsch geformte Binsen-Kreuz, ein altes keltisches Symbol, wird anschließend aufgehängt und bietet dem Haus der alten Bedeutung nach für ein ganzes Jahr Schutz — vor allem vor Feuer. Wer braucht da noch eine Hausversicherung?

Pünktlich zu Imbolc 2016 wird Henry vom Atlantik übers Land ziehen, und die Menschen auf der Insel daran erinnern, dass der Winter noch nicht seine ganze Kraft ausgehaucht hat: Henry folgt auf Getrude und ist der Sturm Nummer 8 dieses Winters. Die Metereologen glauben Henry ganz gut zu kennen und sagen heute von ihm, er werde zügig und zackig, aber nicht übertrieben zerstörerisch vor allem über die nördliche Inselhälfte hinweg fegen.

Morgen werden wir mehr wissen. Einen schönen Frühling allen LeserInnen in Irland, und allen Irland-Fans auf dem Kontinent zum Trost die Erinnerung an den Vor-Frühling im Dezember. in diesem Sinne,  der Wanderer

Fotos: Wikipedia (2), netatmo (1), Markus Bäuchle (1)